Sonntag, 3. Januar 2010

Die Qual der Wahl

Eine Entscheidung selbst treffen zu dürfen ist ein großes Previleg. In der Tat jedoch überlegen wir in 99% der Fälle nicht genauer darüber nach, sondern handeln nach unseren Intuitionen. Meistens ist das auch vollkommen ausreichend. Esse ich heute Pizza oder doch nur einen Salat? Gucke ich lieber Titanic oder doch Saw. Sollte ich heute doch noch weggehen obwohl ich morgen früh aufstehen muss? Merkwürdiger Weise gibt es viele Menschen, die auch damit schon ein Problem haben.


Ich habe bei sowas nie Probleme. In meinem Kopf spielt sich in Millisekunden intutiv ein Argumentationsweg ab, der mir eine zielsichere Abwägung gibt. Ich habe es nie anders gelernt. Meine Mutter hat mich oft vor Entscheidungen gestellt und selbst bei meiner Arbeit muss ich jede Sekunde eine neue Entscheidung fällen. Im Sinn funktioniert das ganz einfach: man überlegt sich die Vor- und Nachteile und wählt den Weg, der das bessere Ergebnis verspricht. Dabei übernehme ich auch gerne Entscheidungen: zum Beispiel zu welcher Bar man gerade geht oder welches Spiel man gerade spielen will. Meine großen Helden sind immer die Leute, die keine Entscheidung fällen wollten aber zu jeder mögliche Alternative, die man ihnen vorschlägt, eine spontane Ablehnung haben.


Ein Freund hat mir eine sehr schöne Methode gezeigt, die einem bei solchen Entscheidungen schnell weiterhelfen kann. Ich konnte mich nicht zwischen zwei Alternativen entscheiden, da ich beide als gleich gut empfand. Also hat mein Freund mir eine Münze angeboten, welche den Fall für mich klären sollte. Die Münze fiel und hinterließ in mir ein starkes Gefühl der Neugier die Münze nochmal zu werfen, als ob ich mich wundern würde, ob sie nochmals das Gleiche anzeigt. Ich nahm die Münze in die Hand und bewunderte sie für einen kurzen Augenblick. Dabei sagte mein Freund: "Du hast das Verlangen die Münze nochmal zu werfen, stimmts? Dann willst du wohl das Andere". Genau das tat ich auch und war vollkommen zufrieden damit.


Dennoch werden Entscheidungen unendlich viel komplizierter, wenn es um Emotionen und Gefühle geht. Auf einmal verschwindet dieser komplett rationale Teil und alle möglichen Ausgänge verschwimmen in einem einzigen großen Teich voller Unklarheit. Selbst die einfachsten Entscheidungen mutieren zu einem unüberwindbaren Stillstand. Aber warum fällt es uns so schwer?


Einerseits spielt die Komplexität eine große Rolle. Der Mensch ist dazu geboren Muster zu erkennen, Symbole zu deuten und blitzschnell die nahe Zukunft abzuschätzen um darauf reagieren zu können. In einem Vakuum klappt das auch wunderbar aber mit einem anderen Menschen entsteht auf einmal eine komplett unbekannte Variable. Jemanden die eigene Liebe zu gestehen ist wohl eine der härtesten Entscheidungen auf dieser Welt und ich denke mal jeder, der dazu schonmal die Ehre hatte hat sich jede auch nur mögliche Alternative ausgedacht.


Ich kann Menschen wunderbar einschätzen, besonders diejenigen, die ich erst neu kennenlerne aber sobald ich mich mit einem Menschen besonders verbunden fühle verblasst diese Fähigkeit bis hin zur völligen Verblendung. Eine Situation von außen als Beobachter zu betrachten ist großartig, denn wir fühlen uns wie ein allwissender Erzähler. Wir haben Kontrolle über die Situation und vor allem Entscheidungen beeinflussen uns nicht. Es ist beeindruckend, wie einfach es ist Ratschläge zu geben, wenn man sie selbst nicht befolgen muss, genau weil man dann nicht emotional an diese Entscheidung gebunden ist. Somit brauchen wir auch keine Angst vor den Konsequezen haben.


Ein weitere Faktor ist das Glücksspielautomatenprinzip. Am Anfang ist die Entscheidung einfach: entweder spielen oder nicht spielen. Wir entscheiden uns zu spielen und gewinnen ein paar Euro. Nun fällt es uns sehr einfach aufzuhören, weil unsere Investition sich rentiert hat und wir mit mehr Geld nach Hause gehen. Aber je mehr und mehr der Automat von unserem Geld frisst desto stärker hängen wir an dieser Falle, denn das ganze Geld was reinkommt muss ja auch irgendwann wieder rauskommen und desto schwerer ist es aufzuhören. Je mehr wir also von einer bestimmten Ressource investieren desto stäker sind wir damit verbunden und desto wahrscheinlicher ist es den Punkt zu verpassen, an dem man hätte aussteigen sollen.


Es lässt sich also auf folgende 3 Fragen vereinfachen:


Was kann passieren wenn ich eine Entscheidung treffe?

Was würde ich als Beobachter einem Freund in der Situation empfehlen?

Schadet es mir, wenn ich so weitermache wie bisher?


Dabei kann es manchmal wirklich viel einfacher sein sich einfach noch nicht zu entscheiden, weil mit der Zeit etwas passieren kann, was die Entscheidung einfacher macht. Wenn eine Entscheidung einen zwingt einen Brücke zu zerstören über die man später eigentlich noch laufen will, dann kann es durchaus sinnvoll sein die Brücke stehen zu lassen bis man einen besseren Weg gefunden hat. Natürlich nur, wenn man nicht zufällig von wütenden Barbaren verfolgt wird. Eines sollte dabei immer im Augenwinkel sein: Je mehr einem die Situation schadet desto schneller muss eine Entscheidung fallen.


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